Wahlprüfsteine des vbn: zur Landtagswahl am 9. Oktober
Wie schon bei der letzten Landtagswahl haben wir auch diesmal den Parteien Wahlprüfsteine zukommen lassen. Die Antworten veröffentlichen wir hier in der Reihenfolge des Eingangs.
Alle verfügbaren Studien zeigen, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland durch die Auswirkungen der Coronapandemie nach wie vor psychisch hochgradig belastet sind. Laut Kinder- und Jugendreport der DAK 2022 hat sich die Zahl der stationären Behandlungen von Schulkindern sowohl im Bereich depressiver Episoden als auch im Bereich Angststörungen allein im Erhebungszeitraum 2021 gegenüber dem Vorjahr um 25% erhöht. Diese dramatische Entwicklung macht sich auch im Schulalltag in einer Vielzahl von Beeinträchtigungen bemerkbar, die einen normalen Schulbetrieb oft nur noch in stark eingeschränkter Form zulassen.
Die Politik hat dankenswerterweise angekündigt, hier Unterstützungsangebote bereitzustellen, zum Beispiel in Form von zusätzlichen Mitteln für Schulsozialarbeit, pädagogische Hilfskräfte oder den Einsatz externen Personals, wenngleich fraglich erscheint, ob bei dem eklatanten Fachkräftemangel in diesen Bereichen auf diesem Weg wirkungsvolle Entlastung geschaffen werden kann.
Unverständlich ist hingegen, dass die bereits vorhandene, hochwirksame Ressource der Beratungslehrer*innen in diesem Zusammenhang vom Kultusministerium nur ansatzweise zum Einsatz gebracht wird. Die Beratungslehrkräfte des Landes werden in einer intensiven zweijährigen Ausbildung durch die niedersächsische Schulpsychologie speziell für die pädagogisch-psychologische Unterstützung qualifiziert, die zurzeit (und zukünftig vermutlich in noch weiter zunehmendem Maß) eine Basisvoraussetzung erfolgreicher schulischer Arbeit darstellt.
Beratungslehrer*innen bilden an über 1000 Schulen in Niedersachsen als Mitglied des Kollegiums eine niederschwellige Anlaufstelle für Schüler*innen, Eltern und Kolleg*innen. Die 2004 verfügte Begrenzung ihres Einsatzes auf drei Wochenstunden (vorher fünf) ist angesichts des herrschenden Beratungsbedarfs seit langem sachlich verfehlt und in der aktuellen Situation absolut unhaltbar. Sie resultiert aus der irregeleiteten Priorisierung einer – prinzipiell selbstverständlich anzustrebenden – Unterrichtsversorgung von 100% zulasten der psychischen Gesundheit und der Arbeitsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler.
In Anbetracht der gegebenen Umstände fordern wir daher im Interesse der psychischen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sowohl der Schüler*innen- als auch der Lehrer*innenschaft des Landes die schnellstmögliche Erhöhung der Zahl der Anrechnungsstunden für Beratungslehrkräfte auf fünf (5).
Unsere Fragen an Sie:
- Erkennt Ihre Partei vor dem beschriebenen Problemhintergrund die Notwendigkeit einer umfangreichen und intensiven pädagogisch-psychologischen Beratung durch die dafür speziell ausgebildeten und an den Schulen niedrigschwellig tätigen Beratungslehrkräfte an?
- Wird sich Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode einschließlich eventueller Koalitionsverhandlungen und einer gegebenenfalls folgenden Regierungsarbeit dafür einsetzen, dass die Zahl der Anrechnungsstunden für Beratungslehrkräfte keinesfalls noch weiter verringert, sondern schnellstmöglich bedarfsgerecht erhöht wird?
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